Was ist persönliche Agilität?

Bedeutet als Mitarbeiter oder Führungskraft agil zu sein „nur" flexibel zu sein? Unsere klare Antwort darauf lautet „nein". Agilität hat viel mehr Facetten. Welche das genau sind, zeigt Autorin Antje Freyth auf.

Persönliche Agilität im Konzept der Veränderungsintelligenz®

Unter persönlicher Agilität verstehen wir einen sinnvollen individuellen Beitrag im Rahmen eines Teams, schnell, kreativ und chancenorientiert, auf Veränderungen im Markt zu reagieren und Veränderungen und Innovationen proaktiv zu initiieren sowie kundenfokussiert zu gestalten. Sinn ist es, neuen Wert für Kunden zu schaffen bzw. die Zukunft des Unternehmens durch neue Geschäftsmodelle zu sichern, so dass das Unternehmen und auch das Individuum erfolgreich in der VUKA-Welt bestehen können.

Persönliche Agilität erfordert das Zusammenspiel verschiedener Kernelemente, die nachfolgend aufgeführt sind.

VUKA-Akzeptanz und Klarheit über Paradigmenwechsel

Wesentliche Voraussetzung ist zunächst, dass ein Mensch die neuen Herausforderungen in der VUKA-Welt und die damit verbundenen Paradigmenwechsel versteht und akzeptiert. So kann er nachzuvollziehen, warum es bestimmte Gestaltungselemente im Konzept der Agilität überhaupt gibt. Wir treffen immer noch auf viele Menschen, die sich fragen: „Warum muss jetzt eigentlich alles auf einmal agil sein?" Wenn ein Mensch hier keine sinnvolle Antwort findet, dann wird er wenig bereit sein, jetzt auch persönlich agiler zu werden.

Agiles Mindset

Ein agiles Mindset ist die Voraussetzung für den effektiven Einsatz agiler Methoden und für ein erfolgreiches agiles Handeln. Obwohl der Begriff „agiles Mindset" aktuell in aller Munde ist, stellen wir in der Praxis doch immer wieder fest, dass er für viele Menschen noch sehr abstrakt ist. Daher ist es wichtig, Klarheit über die mit den Paradigmenwechseln verbundene Notwendigkeit neuer Denkmuster bzw. Klarheit über die konkreten Inhalte eines förderlichen agilen Mindsets zu schaffen. Wesentliche Bestandteile eines agilen Mindsets werden in einem anderen Artikel beschrieben.

Agilitätsförderliche Persönlichkeitsmerkmale und stetige Veränderungsbereitschaft

Die in einem anderen Artikel beschriebenen individuellen Merkmale, die die Entstehung von Veränderungsleistung unterstützen, sind eine Mindestvoraussetzung für persönliche Agilität. Wenn ein Mensch aufgrund seiner Persönlichkeitsmerkmale grundsätzlich wenig Offenheit und Bereitschaft für Veränderungen mit sich bringt, dann wird er mit den häufigeren und komplexeren Veränderungsanforderungen im VUKA-Kontext kaum zurechtkommen. So führt beispielsweise Neugierde bei einer hohen Dynamik eher zu einer lustvollen Entdeckung neuer Möglichkeiten, Ambiguitätstoleranz lässt einen Menschen die vielfachen Mehrdeutigkeiten in einem komplexen unsicheren Umfeld besser ertragen, Risikotoleranz ist angesichts der deutlich höheren Risiken in einem unsicheren volatilen Umfeld erforderlich, Extraversion unterstützt Menschen im Rahmen der notwendigen Vernetzungen in der VUKA-Arbeitswelt und die Anstrengungsbereitschaft ist erforderlich, da das Arbeiten in einem VUKA-Umfeld einen deutlich höheren Energieeinsatz abverlangt. Darüber hinaus ist die Bereitschaft zu deutlich häufigerem Wandel mit erhöhter Intensität gefordert.

Agilitätsförderliche Persönlichkeiten
Siehe „Veränderungsintelligenz", S. 403, Springer Gabler Verlag 2017

Agile Kompetenzen

Die im Rahmen des 7-V-Modells beschriebenen Veränderungskompetenzen bilden die notwendige Basis für persönliche Agilität. Wenn ein Mensch grundsätzlich schon über keine ausreichenden Kompetenzen für die Bewältigung von Veränderungsherausforderungen im traditionellen Kontext verfügt, dann wird er im VUKA-Kontext kaum Fuß fassen können. Darüber hinaus gilt zu beachten, dass persönliche Agilität nicht - wie so oft angenommen - gleichbedeutend mit persönlicher Flexibilität ist. Vielmehr ist die persönliche Flexibilität nur eine – wenn auch wichtige Kompetenz. Eine Auswertung der vorhandenen Literatur zum Thema Agilität und Befragungen in agilen Unternehmen (z.B. von Isabel Reichel und Lutz Becker von der Hochschule Fresenius) führt z.B. zu folgenden weiteren Kompetenzfeldern: Eigeninitiative, Fähigkeit zu teilen, Selbstreflektion, Konzentration auf das Wesentliche, Verständnis für Kundenbedürfnisse, Kommunikationskompetenzen. Zudem erfordert agiles Arbeiten abhängig vom konkret gewählten agilen Framework spezifische Methodenkompetenzen wie z.B. Scrum, Kanban, Design Thinking oder Kompetenzen zur Nutzung moderner Social Collaboration Tools. Wir halten zudem den Umgang mit Unsicherheit und Komplexität für wesentliche Kernkompetenzen in einer agilen Welt. Wir teilen im Konzept der Veränderungsintelligenz auch die Auffassung einiger Autoren, das in der agilen Welt allerdings im Zweifelsfall Engagement bzw. Anstrengungsbereitschaft höher zu bewerten sind als einzelne Kompetenzen.

Agile Aktivitäten

Für eine gute Umsetzung der neuen Anforderungen im Arbeitsalltag ist es wichtig, diese zu konkretisieren.  Im Konzept der Veränderungsintelligenz haben wir dazu agile Kernaktivitäten mit konkreten Handlungsempfehlungen in vier Clustern herausgearbeitet. Nachfolgend finden Sie einen Einblick in diese agilen Aktivitätscluster:

  1. Sensing: Änderungen und Geschehnisse im relevanten Umfeld zeitnah wahrnehmen, auch feine Veränderungssignale achtsam wahrnehmen – Voraussetzung für die weiteren Faktoren, Informationsvorsprung suchen
  2. Seizing & Initiierung: Chancen erkennen und Initialzündung im Unternehmen, Stoßrichtungen definieren, Möglichkeiten schnell testen und Schlussfolgerungen zu Geschäftspotenzialen ziehen.
  3. Reagibilität & Handlungsorientierung: Geschäftsmöglichkeiten in einem komplexen und von Unsicherheit und Ambiguität geprägten Umfeld zügig realisieren, schnell entscheiden und ins Handeln kommen
  4. Fortgesetzte Transformation der Organisation: mit den gemachten Erfahrungen das Unternehmen kontinuierlich verändern bzw. weiter entwickeln z.B. Neue Handlungsmuster bzw. Routinen im Unternehmen verankern, neue Ressourcen und Kompetenzen aufbauen, bestehende Ressourcen und Kompetenzen loslassen, Änderungen an der formalen Aufbau-Organisation und Standardprozessen.

Vertiefende Informationen finden Sie dazu in meinem aktuellen Buch:

Persönliche Veränderungskompetenz und Agilität stärken,
Praxisleitfaden für Führungskräfte und Mitarbeiter
Springer Gabler Verlag 2019

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Schlagworte zu diesem Artikel:
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02.04.2019


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